Immer anders

Diesen Satz würden gerne viele Unternehmer sagen: "Aktuell sind wir nicht von der Corona-Krise betroffen." Die Aussage stammt von Manfred Hausmann, Inhaber der Hausmann Transporte in Wermelskirchen. Zu dem Unternehmen gehören 21 Zugfahrzeuge, 40 Auflieger und 30 Mitarbeiter. "Wir fahren zu über 90 Prozent für die Bauindustrie", sagt Hausmann. Für die Branche transportiert er vor allem Betonfertigteile. Die Bauindustrie zeigt sich robust. Laut einer aktuellen Prognose des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) ist zwar mit leichten Einbußen im zweiten Quartal 2020 zu rechnen. Aber die Bauinvestitionen würden ab der zweiten Jahreshälfte wieder ausgeweitet werden, zumal der Auftragsbestand weiterhin sehr hoch sei Abseits der aktuellen Entwicklung sieht Joseph Winfried Dörmann, Professor für Logistik an der SRH Hochschule Hamm und Experte für Baulogistik, ein Manko der Baubranche in der mangelnden Planung. "Man fängt an einer Baustelle an und erst während der Ausführung wird über eine Planung nachgedacht", kritisiert Dörmann, der vor seiner Hochschulkarriere Leitungsfunktionen bei verschiedenen Baukonzernen innehatte. Dörmann geht davon aus, dass zukünftig die Planung an Bedeutung gewinnt - gerade in den Städten, wo mehr gebaut werde, weil immer mehr Menschen dorthin ziehen. Dort sei jedoch die An- und Abfahrt an Baustellen immer stärkeren Restriktionen ausgesetzt - wegen fehlenden Platzes, zunehmender Staus und Schutz der Anwohner. Bis zu sechs Durchschläge pro Lieferschein Daher geht Dörmann davon aus, dass Instrumente wie digitale Zeitfenster für die Anlieferung mit Scannung der Lkw zunehmen. "Dann muss minutengenau angeliefert werden. Wer nicht pünktlich ist, erhält die gelbe Karte und kann bei der zweiten Gelben auch rausfliegen", so der Baulogistikexperte. Nach wie vor werde beim Transport überwiegend mit Lieferscheinen gearbeitet, zum Teil mit bis zu sechs Durchschlägen pro Sendung. Die müssten eingescannt und gefaxt werden. Dann werde eine Rechnung erstellt. "Das ist ein enorm hoher Verwaltungsaufwand." Die Abwicklung per Apps sei nur bedingt eine Lösung, weil die Dienstleister zahlreiche Baustellen anfahren und die Fahrer so unzählige Apps auf ihren Smartphones verwalten müssten. Dörmann hofft auf einen Standard, dem Industrial-Data-Space-Standard, an dem die Kollegen von Fraunhofer arbeiten. Bis sich dieser Standard auch in der Baubranche durchsetzen werde, müsse man noch fünf bis zehn Jahre warten, so seine Einschätzung. Zeitvorgaben für die Belieferung von Baustellen kennt Spediteur Hausmann bereits von den Transporten von Betonfertigteilen. Kommt es dennoch zu Wartezeiten, für die die Baustelle verantwortlich ist, zahlt - wie auch die Fracht - der Betonhersteller ein Standgeld. Generell sei die Anlieferung komplizierter geworden. "Die Bestellungen erfolgen sehr kurzfristig. Die Mengen schwanken stark und die Rahmenbedingungen auf jeder Baustelle sind in hohem Maße unterschiedlich", sagt Hausmann. Die Folge: Wo früher zur Disposition von 20 Lkw ein Disponent ausgereicht hat, benötigt er heute deren drei. Wobei die Mitarbeiter auch weitere Fahrzeuge von befreundeten Unternehmen steuern, wenn eine Großbaustelle einen solchen Großeinsatz erfordert. Für Hausmann ist wichtig, dass seine Fahrer der deutschen Sprache mächtig sind und selber Lösungen finden. "Jede Baustelle ist anders. Da muss man mit den verschiedenen Akteuren kommunizieren, um eine reibungslose Anfahrt zu ermöglichen. Das gilt nicht nur für Baustellen in Städten", so seine Erfahrung. Mehr zum Thema finden Sie unter #Baulogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Viele verschiedene Ansprechpartner, immer neue Ladestellen, viele Lieferanten und auch eine Planung, die so manches Mal zu wünschen übrig lässt: Als Spediteur in der Baubranche sieht man sich hohen Anforderungen gegenüber. Trends in der Baulogistik Mit welchen Veränderungen müssen Baulogistiker künftig rechnen? Einige wichtige Trends, die sich abzeichnen:- Die Belieferung von Baustellen wird immer komplizierter. Dies gilt nicht nur für die Innenstädte, weil generell immer mehr Anforderungen zu erfüllen sind.- Ob strenge Zeitfenster oder nur Zeitvorgaben: Die Anlieferung an die Baustellen wird deshalb mittels digitaler Systeme stärker organisiert und so reglementiert.- Einheitliche IT-Standards: Die Baubranche ist eine Welt mit vielen Akteuren. Damit verbunden ist ein hoher Verwaltungsaufwand. Ein gemeinsamer IT-Standard könnte den steigenden Verwaltungsaufwand eindämmen. cd

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