Der Fokus liegt auf Elektrifizierung

Frau Rådström, seit Februar dieses Jahres sind Sie Mitglied des Vorstands der Daimler Truck AG. Im Vorfeld waren Sie für einen schwedischen Hersteller unter anderem für den Bus-Bereich verantwortlich. Ist der Gütertransport für Sie Neuland? Rådström: Ich habe insgesamt 16 Jahre für Scania gearbeitet und dort die meiste Zeit mit Lkw verbracht. Von daher kenne ich das Geschäft gut. Ein Unterschied zwischen Bus und Lkw sind - abgesehen natürlich vom Produkt - auch die Kunden. Hinzu kommt, dass die Lkw-Sparte auch vom Bus-Bereich lernen kann, auch wenn es sich nur um eine vergleichsweise kleine Sparte handelt: Die Themen Nachhaltigkeit und Elektrifizierung stehen beim Bus einfach schon deutlich länger im Fokus. Trotz der aktuellen Corona-Problematik vermelden viele Lkw-Hersteller überraschend gute Verkaufszahlen. Wie meistert Daimler die Corona-Krise? Rådström: Wir haben in den letzten Monaten viele Maßnahmen ergriffen, um unsere Mitarbeiter bestmöglich vor dem Virus zu beschützen. Die Einführung von gebotenen Distanzregeln innerhalb der Produktion, was nicht an jeder Stelle einfach war, oder natürlich regelmäßige Coronatests sind da nur zwei Beispiele. Durch die Summe der Maßnahmen haben wir es geschafft, unser Geschäft weiterführen zu können und die Produktion in den Fabriken aufrechtzuerhalten. Und wir werden das auch weiterhin gut hinbekommen. Was die derzeitige Absatzsituation betrifft, sind wir ebenfalls sehr zufrieden, im Moment verzeichnen wir einen großen Nachholbedarf bei unseren Kunden. Damit hätte vor einem Jahr sicherlich kaum jemand gerechnet. Kommen wir zur technischen Seite. Im vergangenen Jahr hat die Marke Mercedes-Benz unter anderem den technisch abgespeckten Actros F vorgestellt? Braucht der Markt wirklich ein"Low-Budget-Modell mit Stern? Rådström: Wir sehen im Actros F alles andere als ein Low-Budget-Modell! Wir haben bei Mercedes-Benz den Vorteil, dass wir imstande sind, auf alle Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen, und in Verbindung mit diesem Modell freuen wir uns über gute Rückmeldungen aus dem Markt, übrigens auch in Deutschland. Vor allem bei Neukunden verzeichnen wir mit dem Actros F eine gute Eroberungs-Quote. Mancher Actros-Kunde würde sich die breite, aber niedriger montierte Kabine auch für das"normale" Actros-Modell wünschen. Warum gibt es das bislang nicht? Rådström: Wir beobachten den Markt hier sehr genau. Wir wollen natürlich aber auch nicht zu viel Komplexität in unsere Produktpalette einbringen. Stichwort E-Lkw: Macht die batteriebetriebene Elektrifizierung von schweren Lkw überhaupt Sinn oder gehört die Zukunft hier der Brennstoffzelle? Rådström: Das ist eine gute Frage. Klar ist, dass die Elektrifizierung der Fahrzeuge kommen wird und entsprechend entwickeln wir an beiden Technologien. Es hängt von vielen Faktoren ab, wie dem technischen Fortschritt in der Batterieentwicklung mit den dadurch verbundenen Kosten und natürlich auch, welche Fortschritte bei der Produktion und Infrastruktur von grünem Strom oder Wasserstoff gemacht werden. Für lange Transporte mit hohen Lasten sehen wir in der Brennstoffzellentechnologie aber sehr großes Potenzial. Bei aktuell bereits verfügbaren Alternativen spielt Daimler dagegen bislang nicht mit - Stichwort LNG. Haben Sie keine Bedenken, hier etwas zu verpassen angesichts der aktuellen Verkaufszahlen von LNG-Fahrzeugen? Rådström: Nein, wir konzentrieren uns klar auf die Entwicklung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen mit Batterien und Brennstoffzelle. Die sogenannten Brückentechnologien, zu denen die LNG-Technik gehört, sind für uns weiterhin kein Thema. Mehr zum Thema finden Sie unter #DaimlerTrucks www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bei Daimler tut sich was: Neben den lang ersehnten Verbesserungen beim Mercedes-Benz Actros (siehe Seite 46-47), startet der Stern auch mit dem Verkauf seines schweren, batteriebetriebenen eActros. Vita Karin Rådström wurde am 22. Februar 1979 in Södertälje, Schweden, geboren. Nach ihrem Abschluss als Master of Engineering in Industrial Management an der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm startete sie 2004 als Trainee bei Scania. Seit 2007 besetzte Karin Rådström verschiedene leitende Positionen bei Scania. 2015 wurde sie Director of Pre Sales & Marketing Communication in Kenia, 2016 Leiterin des Busgeschäfts.2019 wurde sie zum Vorstandsmitglied für Vertrieb und Marketing bei Scania berufen. Seit Februar 2021 ist Karin Rådström Mitglied des Vorstands der Daimler Truck AG.

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