"Das Geld ist da"

Frische Lebensmittel nach Hause liefern. Sehr schnell. Das ist das Geschäftsmodell des Münchener Online-Supermarktes Getnow, der in 2015 gegründet worden war. Dafür kooperierte das Start-up seit 2018 auch mit dem Handelskonzern Metro, in dessen Cash-&-Carry-Filialen die Online-Bestellungen der Kunden gekauft und dann von DHL noch am selben Tag zugestellt wurden. Vergangenen Montag dann die Meldung: "Getnow ist insolvent." Höchstens eines von zehn überlebt Ursächlicher Auslöser der Insolvenz sei gewesen, dass die Verhandlungen mit neuen Investoren für die weitere Wagniskapital-Finanzierung gescheitert seien, teilt Max Liebig mit, der vom Amtsgericht München zum vorläufigen Insolvenzverwalter für Getnow bestellt worden ist. "Um den bis zuletzt defizitären Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können", wolle er nun unverzüglich einen strukturierten M&A-Prozess aufsetzen, der insbesondere auch auf eine übertragende Sanierung ziele. Getnow ist kein Einzelfall. Es gibt etliche Beispiele von Start-ups, die schon in den ersten Jahren mit ihrer Geschäftsidee gescheitert sind. Nach über fünf Jahren, sagen Experten, sei höchstens eines von zehn im Rennen, auch mangels Kapitalausstattung. Gerade in der Wachstumsphase fehlt oft die Anschlussfinanzierung. Reichen die Umsätze trotz starken Wachstums nicht aus, um die Kosten und Investitionen für die angestrebte Expansion zu decken, wird es eng - wie im Fall Getnow. Die gute Nachricht ist: "Geschäftsmodelle, die nachweislich erfolgreich sind und Potenzial haben, die bekommen heute immer Geld", sagt Franz-Joseph Miller. Er ist Investor und als Board-Mitglied an diversen Start-ups beteiligt. "Es ist genügend Kapital am Markt", betont er. Denn die Zahl der Investoren sei in der Covid-19-Phase gleich geblieben, während sich die Zahl der Betriebe, in die es sich zu investieren lohne, durch Covid-19 "halbiert" habe. "Das Fehlen von Wagniskapital kann also nicht der Grund sein, warum ein Unternehmen in Insolvenz geht", sagt Miller. Die Investoren-Suche nach spannenden disruptiven Start-ups in der Logistik sei in den letzten zehn Monaten sogar eher gestiegen. Aber natürlich schauen sich Venture-Capital-Geber ein Start-up sehr genau an, in das sie investieren." Die Kriterien seien da "knallhart", formuliert er es. Unterm Strich ist Miller trotzdem überzeugt, dass Venture-Capital-Geber für Start-ups meist die bessere Alternative sind als etwa staatliche Fördermittel der öffentlichen Hand. Denn die seien für Firmengründer sehr kompliziert und aufwendig. Woran das liegt erklärt Robert Bach, Geschäftsführer von Beam, einem Inkubator der Beumer Group, das Logistik-Startups berät und weiterentwickelt: "Fördermittel-Geber sind willig, aber sie wollen natürlich sehr genau wissen, was sie fördern sollen." Bach hat diverse E-Commerce-Startups gegründet, etwa Coffee Circle, und beantragte dafür seinerzeit das Gründerund Aufbauhilfeprogramm der KfW-Bankengruppe. 100.000 Euro Förderung (Darlehen) habe er erhalten. "Die ersten fünf Jahre war das völlig zins- und tilgungsfrei, und auch danach hatten wir nur sehr niedrige Tilgungsraten. Für unser Geschäftsmodell hat das gepasst. Uns half das sehr." Und es gebe genügend andere öffentliche Fördermittel seitens EU, Bund, Ländern und Kommunen, die Start-ups in der Finanzierung unterstützen. "Geld ist genügend da", betont Bach. Aber klar sei auch: "Der Weg zu den Fördertöpfen ist sehr bürokratisch und erfolgt immer zunächst über die Hausbank, die die Förderanträge weiterreicht." Viel Papierkrieg, viel Zeit und Nerven koste das, weiß er aus Erfahrung. Und selbst wenn einem Start-up die Fördergelder genehmigt werden, dauere es oft lange, bis diese bei ihm eintreffen. Viele Gründer schrecken deshalb vor der Akquise von Fördermitteln zurück. "Das ist aber ein Fehler", sagt Bach, denn die Erfolgschancen, an die Gelder zu kommen, seien nicht so schlecht, wie viele meinen. Sein Tipp: Das Know-how externer Dienstleister nutzen. Es gebe etliche Agenturen und Berater, wie die ATeNe GmbH in Potsdam und Christof Schaffrannek in Berlin, die sich auf das Thema Förderung spezialisiert haben. "Das muss nicht unbedingt teuer sein. Vor allem ist es sinnvoll investiertes Geld." Denn solche Berater sind auf Förderanträge spezialisiert und kennen deshalb die besten Kniffe im Umgang mit Behörden. Und damit erhöhen sich auch die Chancen auf das Fördergeld. Mehr zum Thema unter #startupsinderlogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Insolvenz des Online-Supermarkts Getnow vergangene Woche hat die Start-up-Szene erschüttert. Das Beispiel zeigt einmal mehr, wie wichtig es für Gründer ist, die Kapitalausstattung ihres Start-ups stets im Blick zu haben. Die gute Nachricht ist: Es gibt mehr Gelder, als viele meinen. Mehr online auf VR plus Franz-Joseph Miller war Gründer und CEO diverser Start-ups, etwa von Liefery und Timematters. Heute investiert er in Start-ups. Nach welchen Kriterien er diese auswählt und welche Tipps er gibt, können VerkehrsRundschau-Abbonennten kostenfrei im ausführlichen Interview lesen:www.verkehrsrundschau.de/plus/miller

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