Bloß Wasserdampf

Als Hyundai im Juli 2020 angekündigt hatte, den ersten Schwung Wasserstoff-Lkw ausliefern zu wollen, haben wohl nur wenige dem Hersteller wirklich geglaubt. Immer wieder stecken hinter solchen Sätzen doch einfach nur leere PR-Teaser, die sich dann mehr oder weniger als Luftnummer herausstellen. Nun, acht Monate später, wurde man eines Besseren belehrt. Denn hier steht er: der Hyundai Xcient Fuel Cell - auf dem Hof von Gebrüder Weiss in der Schweiz. Von Gas zu Strom Der, dank seiner Farbe, kaum übersehbare Lkw trägt eine Technik in sich, die für viele Experten die einzige Lösung für die ewige Disbalance zwischen Güterverkehr und Umweltfreundlichkeit darstellt: eine Brennstoffzelle. In fünf großen Tanks hinter der Fahrerkabine schlummern gut 32 Kilogramm gasförmiger Wasserstoff. Dieser wird in der Brennstoffzelle zu Strom umgewandelt, welcher in einem Akku landet, der den Elektromotor versorgt. Streng genommen ist der Lkw also ein Elektroauto mit transportablem Ladegerät. Eine Tankfüllung Wasserstoff beschert dem Xcient Fuel Cell etwa 350 bis 400 Kilometer Reichweite. Während der Fahrt stößt er nur Wasserdampf aus. Der 19-Tonner ist seit Ende Januar bei Gebrüder Weiss in Altenrhein im Einsatz. Hier wird er im täglichen Stückgutverkehr nach Aufträgen eingesetzt. Das hilft bei der Erprobung der Technik, denn so kann der Brennstoffzellen-Lkw in verschiedenen Szenarien sein Können beweisen. Von einem Test möchte man bei Gebrüder Weiss zwar nicht sprechen - der Lastwagen soll für acht Jahre im Unternehmen bleiben - trotzdem muss man die Kirche etwas im Dorf lassen: Es ist das erste Modell einer neuen Technologie, die sich auch erst mal über die Jahre beweisen muss. Herausforderung: Dispo Zugegeben: Die Fahrt mit dem Xcient Fuel Cell ist anfangs spannend, gerade weil das Drehmoment und die geringe Lautstärke des Elektromotors imponieren. Das Gefühl nutzt sich aber auch schnell ab. Während Mann oder Frau hinter dem Lenkrad recht bald vergisst, welche Technik da unter der Haube steckt, ist der Umgang mit dem Wasserstoff-Lkw für die Kollegen in der Disposition jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung. Denn das Auto muss deutlich häufiger an die Zapfsäule als ein Diesel. In der Schweiz gibt es aber nur sechs passende Wasserstoff-Tankstellen. Das muss in die Tourenplanung einbezogen werden. Zu Beginn wurde der Lkw beispielsweise nach Basel geschickt und musste auf der Tour zweimal nachtanken - mit entsprechenden Umwegen zur Zapfsäule. Eine Erfahrung, die man nur einmal macht ... Apropos Tanken: Das ist ebenso unspektakulär wie beim Diesel, nur dass anstelle einer Zapfpistole ein Druckluftstutzen zum Einsatz kommt. Vor dem Bezahlen sollte einmal kräftig durchgeatmet werden: Wir haben für gut zwölf Kilogramm H2 (circa 140 Kilometer Reichweite) umgerechnet 137 Euro bezahlt. Dafür erhält man in der Schweiz grünen Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Thema Betriebskosten: Gebrüder Weiss hat mit Hyundai ein Kilometerleasing vereinbart. Dem Betriebsleiter Harry Gut zufolge soll der Lkw im Jahr etwa 80.000 Kilometer zurücklegen, um ökonomisch sinnvoll eingesetzt zu sein. Mitsamt Nachlässen bei der Maut rechnet das Unternehmen mit 20 Prozent, die man im Vergleich zu einem Diesel draufzahlt. Hyundai hat sich nicht umsonst die Schweiz für die Ausrollung seines Brennstoffzellen-Flagschiffs ausgesucht. Denn die Alpenrepublik hat dank ihrer Vielzahl an Wasserkraftwerken ein großes Potenzial für grünen Wasserstoff. Dieses ist in Deutschland nur deutlich dezimierter vorhanden. Auch Tankstellen sind hierzulande nicht verfügbar. Zwar listet das Portal "H2.live" über 100 Wasserstoff-Tankstellen in der Bundesrepublik auf. Das Gros ist aber für Pkw ausgelegt, die mit 700 bar betankt werden. Lkw wie der Xcient Fuel Cell benötigen ein System mit 350 bar. Von diesen Stationen gibt es dem Portal zufolge in Deutschland ganze sechs Stück. Der Hyundai ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass Wasserstoff nicht nur eine Luftnummer, sondern ernst zu nehmen ist. Sicher gibt es noch Potenziale, aber eines zeichnet sich schon ab: Der Xcient Fuel Cell ist wohl nicht nur ein PR-Gag. Einen ausführlichen Bericht über den Wasserstoff-Lkw lesen Sie auch auf unserem Schwesterportal www.netzwerk-a.de.

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