Auf Nummer sicher

Durch die Corona-Pandemie haben sich die Forderungslaufzeiten im Jahr 2020 verlängert, mahnt der deutsche Factoring-Verband. 41,8 Tage im Schnitt mussten Firmen hierzulande in 2020 auf die Bezahlung ihrer Rechnungen warten. 2019 waren es 40,7 Tage. Und international waren es in 2020 durchschnittlich sogar 53,2 Tage und damit 2,1 Tage mehr als im Jahr 2019. Factoring stärkt die Liquidität Solche langen Zahlungsziele sind vor allem für kleinere Transportbetriebe ruinös, weil sie jeden Monat hohe Kosten vorfinanzieren müssen. Allein die monatlichen Fixkosten bei einem Schwer-Lkw summieren sich Experten zufolge schnell auf 10.000 Euro. Abhilfe verspricht hier seit vielen Jahren das Factoring - eine Lösung, deren Vorteile immer mehr Transport- und Speditionsbetriebe für sich entdecken, etwa die Spedition Eder in Unterneukirchen (siehe S. 28). "Factoring war im Jahr 2020 eine wichtige Säule zur Stabilisierung der Zahlungsströme. Und dieser Trend hält auch 2021 weiterhin an", bestätigt Jörg Peters, Leiter des Competence Center Kredit & Factoring beim Versicherungsmakler Oskar Schunck in München. "Denn Factoring, der Verkauf offener Forderungen an einen spezialisierten Finanzdienstleister, den Factor, bietet stets den Vorteil, dass der Zahlungseingang nach Rechnungstellung kurz ist", betont Peters. Und das stärke die Liquidität des Unternehmens, das Factoring nutze. Schunck bietet mit einem namhaften Anbieter eine Lösung an, die wie folgt aussieht: Ein Transport- oder Speditionsdienstleister verkauft seine Forderungen an den Factor, egal ob seine Kunden im In- oder Ausland sitzen. "Wenn er uns seine Rechnungen an einem Arbeitstag morgens bis mittags überspielt oder mailt, überweist der Factor in der Regel am Folgetag, spätestens aber nach drei Tagen 90 bis 100 Prozent der ausstehenden Bruttosumme. Und den Rest dann, wenn sein Kunde (= Schuldner/Debitor) an den Factor bezahlt hat", erklärt Peters. "Und er erhält das Geld auch, wenn der Kunde nicht bezahlt oder pleitegeht." Denn über die Factoringgebühr ist der Transportdienstleister auch gegen Ausfall versichert. Größter Vorteil ist: Er muss nichts vorfinanzieren und bleibt damit liquide. Im Gegenzug bezahlt er an den Factor zum Beispiel bei einem Rechnungsumsatz von 1000 Euro rund zehn bis 20 Euro Factoringgebühr - in der die Versicherungs- und Bearbeitungsgebühr schon enthalten sind. Die letztliche Höhe dieser Factoringgebühr variiere aber, betont Peters. Sie hänge von vielen Faktoren ab, etwa von der Kundenbonität des jeweiligen Transportbetriebs oder der durchschnittlichen Rechnungssumme und damit dem Zeitaufwand, den der Factor damit hat. Vorteil dieser Lösung sei auch die einfache Gestaltung der Gebühren - "all-in", also ohne Splittung in Factoringgebühr und Zinsen. "Der Unternehmer weiß also stets genau, welche Gebühren bei welchem Rechnungsbetrag anfallen, und kann so klar und transparent kalkulieren." Diese Factoringlösung bietet Schunck insbesondere für Transportbetriebe mit bis zu fünf Millionen Euro Umsatz. Vor Zahlungsausfällen schützen Auch Kunden, die mit der Plattformlösung Timocom arbeiten, sollen schneller an ihr Geld kommen und vor Zahlungsausfällen geschützt sein. Dafür schloss Timocom mit dem Logistikbezahldienst Jitpay im April 2021 eine Kooperation. Jitpay übernimmt damit sowohl das Risiko als auch das Forderungsmanagement für die Kunden. "Gegen Bezahlung einer kleinen Servicegebühr wird der Transportfirma die Fracht innerhalb von 24 Stunden nach Vorlage des Ablieferbelegs und der Rechnungserstellung bezahlt", betont Daniel Steinke, Geschäftsführer von Jitpay. Zudem übernehme Jitpay das gesamte Risiko (inklusiv eventuell anfallendem Mahnen und Inkasso) für die über Jitpay abgewickelten Aufträge. Die Servicegebühr decke im Übrigen auch die Übernahme des Ausfallrisikos sowie die Nutzung des gesamten Jitpay-Portals ab, erläutert er. "Um den Zahlungsdienst nutzen zu können, muss ein Unternehmen nur bei Jitpay registriert sein", erklärt Steinke. Die Registrierung könne er online durchführen. "Da wir als Finanzdienstleister verpflichtet sind, unter anderem die Identität festzustellen, brauche man für die Registrierung einen gültigen Personalausweis und ein Handy/ Computer mit Kamera. In der Regel dauere dieser Registrierungsprozess zehn Minuten. "Einmal bei uns registriert, können Aufträge über Timocom oder auch alle anderen Aufträge über Jitpay abgewickelt werden", betont er. Noch können sich indes nur Transportunternehmer aus Deutschland, Polen, und den Niederlanden kostenlos bei Jitpay registrieren und den Service nutzen, sagt er. Die Auftraggeber könnten hingegen in fast jedem europäischen Land sitzen. Damit nicht genug: Jitpay arbeitet schon an weiteren Serviceneuerungen, wie Steinke verrät: So will das Unternehmen im zweiten Halbjahr allen Kunden auf dem Portal das selbst entwickelte Ordermanagement-/ Telematiksystem "Jitfleet" kostenlos zur Verfügung stellen. Jitfleet werde auch direkt an Timocom angebunden sein. "Mit Jitfleet stellen wir den Transportfirmen ein vollwertiges kleines TMS mit Auftragsbearbeitung, Disposition und Abrechnung zur Verfügung", freut sich Steinke. Ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte werde Jitpay im Kooperation mit einem namhaften Tankkartenanbieter eine Tankkarte in seine Systeme integrieren, für die der Transportunternehmer keine Sicherheiten bereitstellen müsse, betont Steinke, weil sie in den gesamten Abrechnungsprozess integriert sein werde. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de In Kürze Die Angst vor möglichen Zahlungsausfällen in der Corona-Pandemie ist nach wie vor groß. Um sich hier abzusichern, nutzen zunehmend auch Transport- und Speditionsunternehmen das Factoring. Wie das Ganze funktioniert, mit welchen Kosten und Gebühren man rechnen muss und was es bringt, zeigt der Artikel. Praxislösung Spedition Eder: "Der Vorteil ist natürlich die schnelle Verfügbarkeit von Kapital." Seit Frühjahr 2019 setzt die mittelständische Spedition Eder in Unterneukirchen auf Factoring. 39 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen und 32 eigene Lkw setzt die Spedition ein."Anfangs waren wir da sehr skeptisch", gesteht Tobias Dechant, kaufmännischer Leiter des Unternehmens, auch weil Factoring mit negativen Vorurteilen behaftet sei."Mittlerweile sind wir aber von Factoring überzeugt." Vorteil von Factoring sei natürlich das schnell verfügbare Geld, erläutert Dechant."Wir erhalten stets 80 Prozent der Rechnungssumme direkt am Tag nach der Rechnungsstellung überwiesen." Die letzten 20 Prozent dann, wenn der Kunde die Rechnungssumme an das Factoring-Unternehmen innerhalb des vereinbarten Zahlungsziels beglichen hat." Kein Ärger mit zahlungsunwilligen Kunden Die Spedition Eder habe dafür nur ihre Kunden über die Umstellung informieren müssen, auch mit der Möglichkeit, dass diese dem Vorhaben widersprechen, erklärt Dechant. "Überraschend war dann, dass über 98 Prozent unserer Kunden dem Factoring zugestimmt haben."Durch das Factoring ist die Spedition Eder laut Dechant vertraglich verpflichtet, alle Forderungen an das Factoring-Unternehmen abzutreten."Nur die Kunden, die dem Vorgehen widersprochen haben, rechnen wir noch direkt ab. Aber das ist nur eine sehr kleine Anzahl", sagt er. Dadurch, dass der Factor ein fertiges und automatisiertes Mahnwesen habe, wirke das Ganze aber sehr professionell. Falls trotzdem eine Mahnung erstellt werden müsse, habe er den Eindruck, dass der Kunde durch das Anschreiben eines externen Unternehmens das übersehene Zahlungsziel doch eher schnellstmöglich begleiche, als wenn die Mahnung eines Spediteurs eintrudele.Klar ist aber auch:"Factoring ist nicht billig", betont Dechant. In etwa könne man es mit den Zinsen eines Dispokredits vergleichen, den man sich durch Factoring natürlich erspare. Ein Unternehmen dürfe auch nicht damit rechnen, durch Factoring Personal einsparen zu können - zumindest nicht in Betrieben in der Größenordnung der Spedition Eder. Die Rechnungen müssten ja trotzdem geschrieben, auf das Portal des Factors hochgeladen und an die Kunden versendet werden. Auch die Zahlungseingänge müssten weiterhin im System geprüft und verbucht werden. Zudem müsse ein etwaiger Ausstieg aus dem Factoring gut überlegt sein. "Denn dann muss man seine Prozesse intern erst wieder umstellen und das ,geliehene' Geld, wie bei einem Kredit, zurückzahlen. Die Summe ist natürlich sehr hoch und muss erst einmal aufgebracht werden", sagt er.Für die Spedition Eder lohnt sich Factoring trotzdem. Der Vorteil sei natürlich die schnelle Verfügbarkeit von Kapital, sagt Dechant. Vorteil sei auch, dass unangenehme Gespräche mit zahlungsunwilligen Kunden professionell durch Dritte geklärt werden. Was den kaufmännischen Leiter außerdem freut:"Wir hatten seit der Umstellung keinen einzigen Fall mehr von Zahlungsausfällen oder massiven Überschreitungen von Zahlungszielen." eh

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