Mit halbjähriger Verspätung hat das Bundesverkehrsministerium dem Verkehrsausschuss des Bundestages den Verkehrsinfrastrukturbericht übermittelt. Dessen Vorlage war im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD angekündigt. Der Infrastrukturverband Pro Mobilität spricht von einem wichtigen ersten Schritt und weist auf den „maroden Zustand vieler Fahrbahnen und Brücken“ hin.
Der Bericht hat für die Verkehrsträger Straße und Wasserstraße den wichtigen Substanzwert berechnet, der Auskunft über den Sanierungsbedarf gibt. Demnach geben auf den Bundesautobahnen 7,4 Prozent aller Streckenabschnitte „Anlass zur intensiven Beobachtung und gegebenenfalls zur Planung von Maßnahmen zur Zustandsverbesserung“. Bei 10,1 Prozent „ist die Durchführung von verkehrsbeschränkenden oder baulichen Maßnahmen zu prüfen“. Bei den Bundesstraßen sind laut Bericht 15,3 Prozent der Streckenabschnitte intensiv zu beobachten, bei 3,6 Prozent sind verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu prüfen. Dabei kommen die freien Strecken auf bessere Zustandswerte als die Ortsdurchfahrten. Zurückgeführt wird dieser Unterschied auf höhere Verkehrsbelastungen mit „vermehrten Flickstellen“ in Ortsdurchfahrten.
Deutschlands Tunnel sind sicher
Wenig erfreulich fallen auch die Zustandsnoten der Brücken bei Bundesfernstraßen aus. Von 2006 bis 2014 wird eine „deutliche Verschlechterung“ konstatiert. Fazit: „Die Zunahme der Belastungen durch den Güterverkehr erfordert zusätzlich eine Verstärkung oder vorgezogene Erneuerung älterer Brückenbauwerke“. Bei den Straßentunneln sieht es günstiger aus. Diese hätten „im internationalen Vergleich bereits heute ein hohes Sicherheitsniveau“. Detailliert weist der Verkehrsinfrastrukturbericht den Zustand der Straßen, Brücken und Tunnel für alle 16 Bundesländer aus. Dieser ist in den neuen Ländern besser als in Westdeutschland. Dies liegt nahe, da die Sanierungsarbeiten im Osten erst nach 1991 aufgenommen worden sind.
Der rund 300 Seiten starke Bericht thematisiert auch die Bundeswasserstraßen und kommt zu einem niederschmetternden Ergebnis. Fast 85 Prozent der Schleusenanlagen und mehr als 70 Prozent der Wehranlagen seien nach der aktuellen Bauwerksprüfung in einem nicht ausreichenden beziehungsweise ungenügenden Zustand, heißt es. Der Anteil dieser Bauwerke mit einem kurzfristigen Handlungsbedarf nehme stetig zu. Auf die Schiene geht der Bericht nicht ein und verweist auf die Berichte der Deutschen Bahn.
Pro Mobilität: Daten sind veraltet
Der Präsident von Pro Mobilität, Peter Fischer, bemängelt, dass der Bericht auf der Bedarfserhaltungsprognose 2025 für Bundesfernstraßen aus dem Jahr 2012 basiert. Für den Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 wurde dagegen bereits eine neuere Prognose herangezogen, aus der sich ein höherer Finanzbedarf ergebe. Außerdem sei der Bericht kein Mobilitätsreport, da Angaben zu Stau- und Unfallschwerpunkten im Netz fehlten. Ein weiterer Kritikpunkt von Pro Mobilität: Die Entwicklung der digitalen Verkehrslenkung auf Autobahnen wird nicht erwähnt. (jök)