Karlsruhe. Eine Wohnungsdurchsuchung anlässlich eines Bußgelds von 80 Euro und einem recht guten Beweisfoto für die Geschwindigkeitsüberschreitung ist unverhältnismäßig. So urteilte das Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Es gab einem Motorradfahrer Recht, der sich auf sein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung berufen hatte.
Das zuständige Amtsgericht Reutlingen hatte gleich zweimal die Durchsuchung der Wohnung des Temposünders angeordnet, der rund 30 Stundenkilometer zu schnell gefahren war. Es ging darum, Motorradkleidung und eine Armbanduhr als Beweise sicherzustellen, weil der Fahrer zunächst nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Der mit dem Bußgeld von 80 Euro belegte Biker hatte sich auf sein Schweigerecht berufen und keine Angaben dazu gemacht, wer zur fraglichen Zeit mit seinem Motorrad unterwegs gewesen war und den Geschwindigkeitsverstoß begangen hatte.
Diese Vorgehensweise des Amtsgerichts erachtete die Bundesrichter als unverhältnismäßig. Denn es gab ein recht gutes Beweisfoto. Zunächst hätte ein anthropologisches Gutachten beauftragt werden müssen. Allenfalls wenn dieses kein Ergebnis gebracht hätte, hätte eine Wohnungsdurchsuchung erfolgen dürfen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen relativ gering bewerteten Tempoverstoß gehandelt habe, der außerhalb einer geschlossenen Ortschaft und ohne besondere Gefährdung anderer erfolgt war. Darüber hinaus waren bei dem vermuteten Fahrer keine weiteren Einträge im Verkehrszentralregister vorhanden. (ctw/ag)
Beschluss vom 14.07.2016
Aktenzeichen 2 BvR 2748/14