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Piraten missbrauchen Flüchtlinge als Schutzschilde

17.04.2009 14:41 Uhr
Piraten missbrauchen Flüchtlinge als Schutzschilde
Piraten im Golf von Aden nutzen Flüchtlingsboote als Schutzschilde
© Foto: ddp

Somalischen Seeräubern machen Geschäfte mit Menschenschmuggel

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Aden/Sanaa. Im Golf von Aden herrscht in diesen Tagen reger Verkehr. An diesem Nadelöhr zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel kreuzen Handelsschiffen. Hier treiben somalische Seeräuber, die meist mit kleine wendigen Schnellbooten unterwegs sind, ihr Unwesen. Imposante Kriegsschiffe aus aller Herren Länder, die zur Piratenjagd hierher geschickt wurden, durchpflügen die Wellen. Von den überfüllten Booten der Menschenschmuggler, die Nacht für Nacht Bürgerkriegs- und Armutsflüchtlinge aus Afrika an die jemenitische Küste bringen, nimmt dabei kaum jemand Notiz. Dass viele Kapitäne wegschauen, wenn sie die oft kaum seetüchtigen Flüchtlingsboote sehen, kommt den Piraten entgegen. Sie haben damit begonnen, die Flüchtlinge als menschliche Schutzschilde zu benutzen. „Wir haben inzwischen Anzeichen dafür, dass es Verbindungen zwischen den Piraten und den Menschenschmugglern gibt“, sagt Nabil Othman, der Vize-Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerkes (UNHCR) im Jemen. Vor allem ein Zwischenfall vom vergangenen Monat nährt diesen Verdacht. Am 21. März stieß ein französisches Kriegsschiff im Golf von Aden auf ein völlig überladenes, manövrierunfähiges Boot mit 100 Menschen an Bord. Die französische Marine schleppte das Boot an einem Tau in den Hafen der jemenitischen Stadt Aden. Als die Flüchtlinge alle gleichzeitig auf eine Seite liefen, um auszusteigen, kenterte das Boot. Acht Menschen ertranken. Die Überlebenden identifizierten anschließend vier Passagiere als Menschenschmuggler. Doch die Waffen, die später im Rumpf des Bootes gefunden wurden, deuten darauf hin, dass die Somalier, die den Flüchtlingen für die illegale Überfahrt viel Geld abgenommen hatten, auch Piraten sind. „Es gibt inzwischen Somalier, die auf der Überfahrt ein doppeltes Geschäft machen, erst bringen sie Flüchtlinge in den Jemen, und auf dem Weg zurück überfallen sie ein Schiff“, sagt ein Somalier, der seit Jahrzehnten in Aden lebt. Als der Somalier Yislam Othman Mohammed, 31, aus Mogadischu im Februar 1992 mit einem Boot im Jemen landete, kostete die illegale Überfahrt 50 US-Dollar. Heute ist der Preis etwa viermal so hoch. Mohammed lebt mit seiner Frau und den zwei Kindern in Aden von der Hand in den Mund. Der hochgewachsene Mann mit dem langen Ziegenbart wäscht vor einem Lebensmittelgeschäft die Autos der Kunden, während diese einkaufen. „In Somalia gibt es keine Hoffnung“, sagt er. Neben dem Geschäft sitzt die Somalierin Aischa Abu Bakr, 30, mit ihren kleine Kindern in der Sonne und bettelt. Sie trägt einen schwarzen Gesichtsschleier. Ihre einjährige Tochter schläft auf ihren Knien. Als ein Jemenit ihr Geld zusteckt, kommen plötzlich acht halbwüchsige Kinder und vier weitere Frauen herbeigelaufen, die den großzügigen Mann umringen. „Gott schütze dich, gib mir etwas, zeige Mitleid“, ruft eine der Frauen. Die Bootsflüchtlinge, die auf der drei- bis fünftägigen Überfahrt ihr Leben riskieren, kommen fast ausschließlich aus dem Bürgerkriegsland Somalia und aus Äthiopien. Die meisten von ihnen versuchen später, vom Jemen aus durch die Wüste illegal nach Saudi-Arabien oder in den Oman zu gelangen, um dort zu arbeiten. Wie viele von ihnen den Wüstentrip nicht überleben, weiß niemand. Im vergangenen Jahr kamen nach Zählung des UNHCR rund 51.000 afrikanische Bootsflüchtlinge in den Jemen. Dieses Jahr zählte die Organisation bereits 17.963 Neuankömmlinge. 53 Somalier und 49 Äthiopier wurden tot am Strand gefunden. 14 Flüchtlinge starben auf hoher See. „Das sind nur diejenigen Flüchtlinge, von denen wir wissen, vielleicht sind es zwei oder dreimal so viele“, sagt Othman. Die Somalier dürfen in der Regel als Flüchtlinge im Jemen bleiben, die meisten Äthiopier werden, wenn sie erwischt werden, in ihre Heimat abgeschoben. „Somalia ist ein Dschungel geworden“, sagt Othman. Er glaubt nicht, dass der Flüchtlingsstrom im Golf von Aden bald verebben wird. In Somalia, wo sich ganze Polizeieinheiten und viele frühere Marineoffiziere den Seeräubern angeschlossen haben, geben sich die Menschenschmuggler derweil große Mühe, die Nachfrage anzukurbeln. Den Fernsehbildern von ertrunkenen Bootsflüchtlingen, die gelegentlich zeigen, stellen sie selbstproduzierte Werbefilmchen entgegen. Dort sind Somalis zu sehen, die in Saudi-Arabien oder Dubai in schönen Wohnungen wohnen und gepflegte Autos fahren. (dpa)

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