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Kommentar: Ein bemerkenswertes Jahr 2014

19.12.2014 09:28 Uhr
Kommentar: Ein bemerkenswertes Jahr 2014
Andre Kranke ist stellv. Chefredakteur des Wochenmagazins VerkehrsRundschau
© Foto: VR/Erwin Fleischmann

Warum der Ölpreis dauerhaft niedrig bleibt, die PKW-Maut ihr gutes hat und sich ein Monster auf die Logistik zubewegt. Ein Kommentar zum Jahr 2014 von Andre Kranke, stellv. Chefredakteur der VerkehrsRundschau.

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Bemerkenswert – so lässt sich das nun zu Ende gehende Jahr wohl am besten mit einem Wort beschreiben. Selten finden sich bei einem Rückblick auf die vergangenen 365 Tage so viele erfreuliche aber auch bedenkliche Ereignisse, die die Transport- und Logistikbranche massiv beeinflusst haben und noch immer beeinflussen (siehe Bildergalerie Jahresrückblick 2014)

Am erschreckendsten sicherlich das wiedererstarken islamischer Fundamentalisten. Die Bilder von enthaupteten Geiseln und ganzer Volksgruppen auf der Flucht vor dem Terror der IS in Syrien und Nordirak hat uns alle überrascht und lässt uns auch etwas ratlos zurück. Wie auf die Bluttaten der IS-Terroristen reagieren? Mit Waffenlieferungen, Luftschlägen oder sogar mit einem Bodenkrieg? Die Frage bleibt in diesem Jahr unbeantwortet, klar wird nur: Die Gefahr von Anschlägen ist in allen Industrieländern wieder deutlich gestiegen und Gesetzgebungen für die Sicherheit in der Lieferkette werden unter diesen Vorzeichen sicherlich nicht gelockert werden.

Politischer Klima ändert sich

Außerdem verschärfen die zunehmenden Flüchtlingsströme aus den Krisenländern das politische Klima auf unserem Kontinent. Die Europawahl hat gezeigt, dass gerade rechtsnationale Parteien an Stärke gewinnen und in vielen Ländern stabile Mehrheiten in der politischen Mitte gefährden. In Deutschland haben diese Kräfte mit der AfD und der außerparlamentarischen Bewegungen Pegida noch keine wirkliche Stärke erreicht, aber die Gefahr, dass radikalere Kräfte die deutsche Politik mitstimmen, wächst.

Putin schwimmt auf einer Welle

Zu welchen Verwerfungen eine radikale und ideologisierte Politik führen kann, zeigt sich bei der Russlandkrise. Wladimir Putin schwimmt auf einer Welle eines nationalen Minderwertigkeitskomplexes, der ihn aber nur so lange tragen wird, wie es ihm gelingt, glaubhaft Feindbilder und Sündenböcke in die Köpfe der russischen Bevölkerung zu projizieren. Sei es der Westen und vermeintliche Faschisten in der Ukraine oder Oppositionelle und Homosexuelle im eigenen Land. Putin kann seiner eigenen radikalen Politik nicht mehr entkommen, so dass die Russland-Krise noch so lange andauern wird, solange Putin an der Macht ist. Mit der Folge: Der Wachstumsmarkt Russland verschließt sich für längere Zeit für westliche Unternehmen, betroffen davon auch die Logistik.

Dauerhaft niedriger Ölpreis

Ein positiver Nebeneffekt der Russlandkrise. Der Ölpreis wird auf längere Sicht niedrig bleiben. Das heißt auf einem Niveau von unter 80 US-Dollar pro Barrel und damit auf einem Niveau, das wir in den Jahren 2006/2007 gesehen haben. Die Ursache dafür ist meiner Meinung nach politisch bedingt. Die USA wollen Putin den Geldhahn abdrehen. Diese Strategie hat schon die Sowjetunion zu Fall gebracht. Die Vereinigten Staaten werden über ihren engen Verbündeten Saudi Arabien dafür sorgen, dass die Öl-Fördermengen hoch bleiben. Solange die Nachfrage nicht merklich anzieht oder sich das Verhältnis des Westens zu Russland nicht merklich ändert, bleiben der Ölpreis und damit die Dieselkosten für Transporte niedrig.

Schwarze Null ist ein großer Erfolg

Aber nicht nur außenpolitisch gabt es 2014 bemerkenswertes zu beobachten. In der Innenpolitik muss man der großen Koalition zugestehen, dass sie bereits eine Reihe von Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt haben. Vor allem die kostspielige Mütterrente und die Rente mit 63 sind umgesetzt, trotzdem gelingt es Schwarz-Rot erstmals seit über fünf Jahrzehnen einen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung zu verabschieden. Sicherlich haben die niedrigen Zinsen dies begünstigt und vielleicht wurden einige Risiken auch versteckt, dennoch bleibt das Signal, das weit über unsere Grenzen hinaus wirkt: Deutschland stellt sich gegen den Trend in vielen westlichen Ländern, durch neue Schulden den Staatshaushalt am Leben zu erhalten. Die schwarze Null ist ein bemerkenswerter Erfolg der Regierung, selbst wenn Sie am Ende des Haushaltsjahres nicht ganz eingehalten werden sollte.

Deutschland muss in Sachen Staatsfinanzen Vorbild sein, wenn die europäische Haushaltskrise überwunden werden soll. Frankreich, Italien und andere EU-Staaten werden ihre wirtschaftlichen Probleme nicht durch neue Schulden überwinden, sondern nur durch strukturelle Veränderungen. Nur so kann die im Hintergrund immer noch vorhandene Finanzkrise in der EU überwunden werden, denn auf Dauer ist es der Europäischen Zentralbank nicht möglich, durch Niedrigzinsen und Aufkäufen von Staatsanleihen die Auswirkungen der Strukturprobleme kleinzuhalten.

Mautfragen weitgehend geklärt

Niedrige Zinsen hatten in diesem Jahr auch einend direkten Einfluss auf die Logistik. Durch die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre musste der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zähneknirschend nach nur 100 Tagen im Amt verkünden, dass die LKW-Maut erst einmal sinken wird. Die Wegekostenrichtlinie der EU schreibt ihm dies vor. Er reagierte mit einer Ausweitung der Maut, wodurch er seine Einnahmeausfälle zum Teil wieder kompensieren kann. Und für nach 2018 ist eine weitere Ausweitung der Maut bereits angekündigt. In Summe kann die Branche damit leben und hat zumindest Planungssicherheit. Geklärt werden muss nur noch, was mit der Fahrzeugen zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht passieren soll, denn diese bleiben nach den bisherigen Plänen Maut-frei, was wenig Sinn macht.

Der positive Effekt der PKW-Maut-Debatte

Die endlose Debatte um die PKW-Maut hat in diesem Jahr einen sehr positiven Effekt gehabt, egal ob man diese Maut befürwortet oder ablehnt. Durch die PKW-Mautpläne wurde eine öffentliche Diskussion über Zustand und Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Gang gesetzt, wie sie Deutschland zuvor noch nicht gesehen hat. Mit dem Konsens, dass mehr Geld notwendig ist. Vielleicht auch diese Stimmungslage erlaubte es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eine bemerkenswerte Ankündigung zu machen: Der Verkehrshaushalt des Bundes soll von derzeit rund 10 Milliarden Euro auf mindestens 14 Milliarden Euro ab dem Jahr 2018 steigen. Sicherlich, Ankündigungen für eine etwas weiter entfernte Zukunft sind leicht gemacht, wer weiß schon, ob der jeweilige Politiker bis dahin noch an der Macht und damit in der Verantwortung ist. Dennoch: Erstmals seit Jahrzehnten hat eine Bundesverkehrsminister eine solche Zielvorgabe gewagt.

Das Bürokratiemonster

Am meisten beschäftig hat viele Logistiker in diesem Jahr aber ein ganz anderes Thema: Der Mindestlohn. Hier hat Schwarz-Rot insbesondere durch die so genannte Generalunternehmer-Haftung und die verschärfte Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten ein bürokratisches Monster erschaffen, das Unternehmen und Staat einiges an Geld kosten wird. Vor allem die Rechtsunsicherheit in vielen Bereichen wird in den kommenden Jahren noch die deutschen Gerichte beschäftigen. Ein gut gemeintes Gesetz droht hier aus dem Ruder zu laufen. Die Bundesregierung ist gut beraten, die Auswirkungen der 8,50-Euro-Vorgabe genau im Auge zu behalten. Denn Rechtsunsicherheit und übermäßige Bürokratie gefährden auf Dauer die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes.

Innovationen im Nutzfahrzeugsektor

Technologisch bemerkenswert sind in diesem Jahr sicherlich die Leistungen der Nutzfahrzeug-Industrie. So präsentierten die Hersteller leistungsfähige Euro-6-Motoren, die den Dieselverbrauch nicht wie befürchtet nach oben schrauben. Und durch eine Vielzahl von neuen Assisstenzsystemen erhöht sich deutlich die Verkehrssicherheit und die Effizienz des LKW-Verkehrs. Gerade die deutschen OEMs und Zulieferer beweisen hier ihre Innovationskraft.

Technologisch bemerkenswert sicherlich auch die Präsentation des Future Trucks. Der Stuttgarter Automobilkonzern Daimler beweist, dass es unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich ist, einen LKW autonom fahren zu lassen. Welchen Nutzen für die Praxis eine solche Technologie haben kann, muss sich noch zeigen. Der von Daimler mit vorbildlicher öffentlicher Transparenz erbrachte Beweis, dass die Technik in den Grundzügen schon heute funktioniert, ist aber dennoch bemerkenswert.

Vielen Dank für Ihr Vertrauen

Die VerkehrsRundschau hat auch in diesem Jahr wieder über alle wichtigen Ereignisse für Unternehmer und Führungskräfte in Spedition, Transport und Logistik berichtet, und dass über so viele Medienkanäle wie nie zuvor. Sei es das traditionelle Wochenmagazin, unsere Internet- und App-Angebote oder unsere Fachkonferenzen und Seminare.

Wir danken allen Lesern und Geschäftspartner für das uns entgegengebrachte Vertrauen. Wir wünschen Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen erfolgreichen Start ins Jahr 2015.

Andre Kranke

Stellv. Chefredakteur der VerkehrsRundschau


PS: Erleben Sie noch einmal die wichtigsten Ereignisse des Logistik-Jahres 2014 als Bildergalerie

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