VerkehrsRundschau: Wie werden sich die Terroranschläge von Paris auf die Logistik auswirken?
Friedrich Christian Haas: Eine der Hauptfolgen werden verstärkte Grenzkontrollen sein. Hier muss man gerade an der deutsch-französischen Grenze mit vermehrten Kontrollen und damit auch Zeitverzögerungen rechnen.
Wird davon nicht mehr der Personenverkehr betroffen sein?
Wenn vermehrt Personen kontrolliert und dadurch Staus verursacht werden, steht auch der Lkw im Stau. Aber wenn es darum geht, Waffenschmuggel aufzudecken, werden auch Lkw verstärkt kontrolliert. Das kann im Übrigen durchaus innerhalb eines Landes erfolgen. Spediteure und Verlader müssen sich daher darauf einstellen, dass der bisher praktizierte freie Warenverkehr eingeschränkt wird.
Was bedeutet das künftig für die Transport- und Logistikströme?
Bei der Bewertung von Risiken sind zwei Faktoren zu beachten: die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Ausmaß des Schadens. Hier dürften die Terroranschläge von Paris für eine Neubewertung der Lage sorgen, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit gestiegen ist: indirekt in Form längerer Durchlaufzeiten aufgrund verstärkter Grenzkontrollen und direkt durch Unterbrechung von Lieferketten, da Terroranschläge, Unruhen, Krieg oder Sanktionen zum Ausfall von Transportwegen führen.
Mit welchen Konsequenzen?
Die verladende Wirtschaft muss zumindest bei Transporten von zeitsensiblen oder für sie wichtigen Gütern stärker nach Alternativen Ausschau halten. Davon betroffen sind zum einen die Transportwege und -mittel. Nicht zuletzt deshalb rückt im Handel mit Asien die Schiene als Verkehrsträger zunehmend in den Fokus. Zum anderen müssen sich die Verlader fragen, ob es sinnvoll ist, gerade bei weit entfernten Produktionsstätten nur auf einen Lieferanten zu setzen oder ob man sich eine weitere Bezugsquelle aufbaut.
Steht damit das Single Sourcing vor dem Aus?
Nein. Aber es ist zu einem Modell geworden, bei dem die Risiken zunehmen werden, durch Terroranschläge, aber auch durch andere Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Sanktionen.
Ist für Terroristen auch die Transportbranche ein Ziel?
In der Regel eher nicht. Aber es gibt Ausnahmen, zum Beispiel beim Transport von Gefahrgütern. Hier sind weniger die Transporte ein potenzielles Ziel von Terroristen als das Gefahrgut selbst, das geklaut werden könnte, um es für Terroranschläge zu missbrauchen.
Wie sieht es bei der Luftfracht aus?
Reine Cargo-Flieger sind sicher weniger gefährdet. Aber dort, wo die Luftfracht in Passagierflugzeugen mitfliegt, ist die Gefahr von Anschlägen ernst zu nehmen.
Lassen sich mit Maßnahmen wie der „Bekannte Versender“ Anschläge verhindern?
Da muss man abwarten, wie die Behörden dies beurteilen. Ich sehe derzeit eher ein Manko bei der Umsetzung der bestehenden Maßnahmen. Das Thema Sicherheit hat bei vielen Unternehmen nicht die höchste Priorität und die Beteiligten sind etwas lockerer damit umgegangen. Deshalb ist es mit Einführung des Bekannten Versenders auch nicht zu den befürchteten Verzögerungen gekommen. Wenn sich bestätigen sollte, dass der Absturz des russischen Airbus in Ägypten durch einen Anschlag verursacht wurde, muss man davon ausgehen, dass die Behörden bei der Einhaltung der Bestimmungen genauer hinsehen werden.
Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteur Michael Cordes
Um was es geht: Terroranschläge von Paris
Am 13. November starben bei einem Anschlag in Paris 130 Menschen. Wenige Tage später wurde in Hannover ein Fußballländerspiel wegen Terrorgefahr abgesagt. Noch weiß man nicht, welche weiteren Rückschlüsse die Behörden aus diesen Ereignissen ziehen werden. So wurde vermehrt an den Grenzen kontrolliert, und zwar nicht nur an den EU-Außengrenzen. Und alleine Frankreich beabsichtigt, 1000 zusätzliche Zöllner einzustellen. (cd)