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Interview: "Käufer wollen die Kontrollmehrheit"

15.02.2016 11:13 Uhr
Interview: "Käufer wollen die Kontrollmehrheit"
Steffen Wagner ist Partner und Leiter des weltweiten Transport- und Logistiksektors bei KPMG
© Foto: KPMG

Steffen Wagner vom Beratungsunternehmen KPMG erklärt, worauf es beim Verkauf eines Logistikunternehmens ankommt.

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VerkehrsRundschau: Wie viel kostet derzeit eine mittelständische Spedition?

Steffen Wagner: So viel, wie jemand bereit ist zu bezahlen. Bewertungen von Unternehmen sind immer nur potenzielle Preise. Am Markt wurden große Logistikdienstleister zuletzt mit ihrem halben Umsatz oder dem Acht- bis Zehnfachen des Betriebsergebnisses, Ebit, bewertet. Bei mittelständischen Speditionen bewegt man sich eher am unteren Ende dieser Bandbreite. Als Daumenregel gelten hier 40 Prozent des Umsatzes oder sechs bis sieben Mal das Ebit.

Von welchen Faktoren hängt die Höhe des Preises ab?

Entscheidend sind die Größe und die spätere Wiederverkaufbarkeit des Unternehmens. Die sinkt beispielsweise bei der Abhängigkeit von nur einem Großkunden. Wer nur eine Minderheitsbeteiligung am Unternehmen verkauft, muss Preisabschläge hinnehmen, Käufer wollen die Kontrollmehrheit. Eine hohe operative Marge, die Nähe zu Wachstumsmärkten wie Osteuropa und ein breiter, langjähriger Kundenstamm treiben den Preis in die Höhe. Ein Nachholbedarf bei Investitionen in die Lagerhäuser, Lkw oder IT drückt dagegen den Preis. Hier haben mittelständische Speditionen oft einen Investitionsstau. Das ziehen Käufer vom Preis ab. Ein wertminderndes Risiko bei Speditionen ist die Konzentration auf eine Person, den Eigentümer, die sich um Kunden und Kosten kümmert. Hier müssen Unternehmer nachweisen, dass sie eine starke zweite Reihe haben.

Speditionen haben mit ihren Lkw und Lagerhallen viel Anlagevermögen. Ist das gut verkäuflich?

Bei Lkw gibt es keinen Kapazitätsmangel, die treiben den Verkaufspreis daher nicht in die Höhe. Bei Lagerhäusern in guten Lagen ist das schon anders. Hier befeuert der E-Commerce-Boom die Nachfrage.

Wenn Spediteure derzeit einen Käufer für ihre Spedition suchen – ist das ein guter Moment?

Grundsätzlich ist derzeit ein guter Zeitpunkt, da wir einen Verkäufermarkt haben. Ausländische Logistiker suchen nach Unternehmen, um ihre Aktivitäten in Europa auszuweiten. Reiner Transport von A nach B ist da aber nicht attraktiv. Wenn das Unternehmen aber eine Nische besetzt, beispielsweise in Osteuropa aktiv ist oder über eine tolle IT verfügt, dann ist das attraktiv für Käufer.

Viele Mittelständler stehen zum Verkauf, weil ein Nachfolger fehlt. Drückt dieser Verkaufszwang auf den Preis?

Die Frage ist, ob es, in Anbetracht der Lücke, die der Weggang des Seniors reißt, überhaupt zu einem Verkauf kommt. Wenn der nicht nachweisen kann, dass er sein Wissen und seine Kontakte an die zweite Managementebene übergeben hat, dann kommt es erst gar nicht zum Verkauf. Wenn es zum Verkauf kommt, hat dieser vermeintliche Verkaufszwang keinen Einfluss auf den Preis.

Verglichen mit den Bewertungsniveaus anderer Branchen: Sind Logistikdienstleister eher ein Schnäppchen oder ein Premiumprodukt?

Die liegen im guten Mittelfeld. Es gibt Branchen, die profitableres Wachstum versprechen und daher höher bewertet sind. Dazu zählen Software-, Technologie- und Pharmaunternehmen. Es gibt aber durchaus auch Branchen, die niedriger bewertet sind. Bau, Textil oder Fahrzeugbau beispielsweise.

Ab welcher Größe macht es für ein Speditions- und Transportunternehmen Sinn, über einen Börsengang nachzudenken?
Der Börsengang sollte ein Volumen von mindestens 250 Millionen Euro zu listendes Kapital haben. Nur dann haben Öffentlichkeit, Presse und Analysten Interesse an ihnen. Angenommen, sie würden, was unüblich ist, das ganze Unternehmen an die Börse bringen: Dann müssten sie dazu bei den eingangs genannten Multiplikatoren 30 bis 35 Millionen Ebit und damit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz machen.

Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteur Serge Voigt

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