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Interview: Hilft es, als Logistiker eine Fliege zu tragen?

16.10.2014 08:53 Uhr
Interview: Hilft es, als Logistiker eine Fliege zu tragen?
© Foto: BVL

Hanspeter Stabenau wird 80. Als Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL) blickt er zurück auf die vergangenen 40 Jahre, in denen sich der Begriff „Logistik“ in Deutschland verbreitet hat.

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VerkehrsRundschau: Herr Stabenau, Sie sind als der Logistik-Begeisterte mit der Fliege bekannt. Mal ehrlich, war es Strategie, statt Krawatte einen Querbinder zu tragen?

Hanspeter Stabenau: Mein Vater hat mir schon zu meinem dritten Geburtstag eine Fliege umgebunden. Ich habe nie darüber nachgedacht, warum ich sie eigentlich trage, aber ich tue es tatsächlich schon seit Jahrzehnten. In Zeiten, wo viele Männer sich recht durchschnittlich kleiden, strahlt eine Fliege sicherlich auch heute noch eine gewisse Individualität und damit vielleicht auch Attraktivität aus. Das kann nie schaden – auch in meinem Alter nicht.    

VerkehrsRundschau: Sie feiern am 1. November ihren 80. Geburtstag und vor über 40 Jahren haben Sie den Begriff Logistik nach Deutschland gebracht. Um was ging es Ihnen damals?

Stabenau: Auf meiner ersten USA-Reise im Jahr 1970 habe ich gelernt, dass es darauf ankommt, die verschiedenen Systeme in einem Produktionsprozess so aufeinander abzustimmen, dass daraus ein optimaler Warenfluss entsteht. Diese Denke war neu. Bis dato herrschte in der Industrie Abteilungsdenken und über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus wurde erst recht nicht gedacht.

VerkehrsRundschau: Und diese neue Denke wurde mit dem Begriff Logistik beschrieben?

Stabenau: Ja, die Amerikaner sprachen von Logistics Management. Der Begriff Logistik existierte in der deutschen Industrie  damals noch nicht. Mit der zunehmenden Individualisierung der Produktion und der damit erhöhten Komplexität fingen die Verantwortlichen aber an, in Systemen zu denken und eine integrierte Zusammenarbeit aufzubauen, um so die Fertigung weiter zu optimieren. Dies war die Geburtsstunde der Logistik in Deutschland, die wir in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie in Form von Logistikmanagement-Seminaren begleiteten. Später ist daraus die Bundesvereinigung Logistik (BVL) entstanden. 

VerkehrsRundschau: Waren die USA damals weiter als die Europäer?

Stabenau: Ja, die Wissenschaft und auch die Unternehmen in den USA dachten hier schon mehr in Systemen.

VerkehrsRundschau: Wo steht die deutsche Logistik heute im Vergleich zu 1970?

Stabenau: Deutschland hat sich sehr auf den Export eingestellt und auch die Logistiksysteme darauf ausgerichtet. Hier sind wir viel weiter als die USA und gehören sicherlich zur Weltspitze.  

VerkehrsRundschau: Hat die deutsche Logistik seit damals alles richtig gemacht?

Stabenau: Viele Unternehmen haben immer noch keine zentrale Logistikleitung, sondern mit Einkauf, Produktion und Vertrieb immer noch drei Abteilungen im Haus, die Logistikprozesse bestimmen wollen. Mit dieser Aufgabenverteilung lassen sich die großen Optimierungspotenziale aber nicht heben. Logistik ist eine zentrale Aufgabe für eine Führungskraft in der Geschäftsführung. Besonders der Mittelstand muss die integrierte Logistik noch mehr verinnerlichen. 

VerkehrsRundschau: Auf welche Themen muss sich die Logistik in Zukunft einstellen?

Stabenau: Die wachsende Komplexität ist und bleibt die zentrale Herausforderung der Logistik. Sei es in der Industrie oder im Handel. Die Zahl der Varianten und die Anforderungen an den Lieferservice steigen in allen Bereichen. Stark verändert wird die Logistik künftig sicherlich durch die zunehmende Automatisierung von physischen Prozessen und durch die immer weiter reichenden Kommunikationssysteme. Insgesamt steht die Logistik aber noch am Anfang ihrer Entwicklung und ihrer Erfolgsgeschichte. (ak)

Das Gespräch mit Hanspeter Stabenau führte Andre Kranke.

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