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Ideologie-Vorwurf: Verkehrsminister Hermann will keine neuen Straßen bauen

18.01.2012 09:01 Uhr
Ideologie-Vorwurf: Verkehrsminister Hermann will keine neuen Straßen bauen
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): Die Finanzmittel des Bundes werden nicht entsprechend dem Bedarf verteilt
© Foto: imago/Gerhard Leber

Weil der Straßenbau im Südwesten dramatisch unterfinanziert ist, will Grün-Rot neue Projekte bremsen / Opposition wirft Regierung ideologische Gründe vor

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Stuttgart. Trotz Widerständen im Land will Grün-Rot auf den Bau neuer Straßen verzichten und lieber bestehende sanieren. Dafür müsse man aber die "Versprechenskultur" der CDU-geführten Vorgängerregierung beenden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Landräte und Bürgermeister im Land pochten darauf, dass alte Zusagen für neue Bauvorhaben eingehalten würden. Doch dafür fehle das Geld. "Es ist saumäßig unangenehm, überall hinzukommen und zu sagen: "Wir geben nichts"", sagte Hermann.

Allerdings würden bereits begonnene Bundesfernstraßen-Projekte für 900 Millionen Euro weitergebaut. Bei im besten Fall jährlichen Bundeszuweisungen in Höhe von 230 Millionen Euro würden diese in vier Jahren fertiggestellt. Die Kosten für alle Aus- und Neubauvorhaben im vordringlichen Bedarf bezifferte Hermann auf 4,6 Milliarden Euro; deren Realisierung werde gut 20 Jahre dauern.

Massive Kritik und Anfeindungen

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) berichtete von "massiver Kritik und Angriffen", sobald er im Land die Wende in der Verkehrspolitik erläutere. "Das ist irrational, was da abläuft." Die SPD-Fraktion sekundierte: "Die CDU hat Verkehrspolitik auf Kosten der Substanz gemacht und landauf, landab jedem alles versprochen. Grün-Rot muss diese Suppe nun auslöffeln", sagte der SPD-Verkehrsexperte Hans-Martin Haller.

Der Gemeindetag wehrte sich gegen eine pauschale Absage an den Neubau von Straßen. "Es wird den Bürgern schwer zu vermitteln sein, dass Geld dafür fehlt - gerade bei Umgehungsstraßen oder Brücken", sagte Verbandssprecherin Iris Bohlen. Unter Umständen bedeuteten solche Bauten ein Plus an Lebensqualität gerade im ländlichen Raum.

Sie erwarte, dass Grün-Rot die Bedürfnisse der Kommunen wahrnehme. Nach Prognose der CDU-Fraktion wollen die Grünen in der Landesregierung mittelfristig ganz aus dem Bau von Straßen aussteigen. "Die Konsequenzen für Baden-Württemberg, gerade als Wirtschaftsstandort, wären dann verheerend", hieß es in einer Mitteilung von Fraktionschef Peter Hauk und Verkehrsexpertin Nicole Razavi. Hermann sei getrieben von grünen Ideologien. CDU-Landeschef Thomas Strobl betonte: "Ministerpräsident Kretschmann und Minister Hermann versuchen verzweifelt, den Schwarzen Peter weiterzugeben - an Bundesverkehrsminister Ramsauer und die CDU-geführte Vorgängerregierung." Grün-Rot müsse anerkennen, dass Verkehrswege die Lebensadern von Gesellschaft und Wirtschaft seien.

Nach Ansicht von Verkehrsminister Hermann werden die Finanzmittel des Bundes nicht entsprechend dem Bedarf verteilt: Der Osten Deutschlands sei zulasten von Transitländern wie Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen mit reichlich Mitteln bedacht worden. Er wolle sich im Bund für eine bessere und verlässliche Grundausstattung einsetzen.

Zustand des Straßennetzes schlecht

Den Zustand des breiten Straßennetzes im Südwesten bezeichnete Hermann als schlecht: Dieses Urteil betreffe 17 Prozent der Landesstraßen sowie viele Brücken an Autobahn- und Landesstraßen. Für den Erhalt der Landesstraßen werden in diesem und kommenden Jahr je 100 Millionen Euro bereitgestellt - doppelt so viel wie im langjährigen Durchschnitt; ab 2012 würden rund 140 Millionen Euro benötigt. Dies sei eine gewaltige Herausforderung, meinte Hermann, zumal das Land von 2019 an die Schuldenbremse einhalten müsse. "Straßenbau auf Pump kann es in Zukunft nicht mehr geben." Vor 2015 seien keine Neubeginne möglich. Der SPD-Politiker Haller forderte für künftige Doppelhaushalte auch mehr Geld für Aus- und Neubau.

Hermann will dem wachsenden Verkehr mit neuen Technologien und Mobilitätskonzepten Rechnung tragen, die Laufen, Radfahren und Nahverkehr mit einbeziehen. Im Gegensatz zu einer Vignette werde eine satellitengestützte, an der tatsächlich zurückgelegten Strecke orientierte PKW-Maut auch eine Lenkungswirkung entfalten. Auch einer City-Maut stehe er offen gegenüber. Dafür handelte sich Hermann Kritik der FDP ein. "Die Menschen sollen mehr Rad fahren und zu Fuß gehen - das ist grüner Populismus und gerade im ländlichen Raum oft ein schlechter Witz", sagte der Verkehrsexperte Jochen Haußmann. (dpa)

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