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FAQ: Das müssen Sie zum französischen Mindestlohn wissen

30.06.2016 18:30 Uhr
FAQ: Das müssen Sie zum französischen Mindestlohn wissen
Der Mindestlohn in Frankreich wirft viele Fragen auf
© Foto: Picture Alliance/dpa/Alexander Sandvoss

Ab dem 1. Juli müssen alle Unternehmer im Güterverkehr ihren Fahrern für einen Einsatz in Frankreich den dort gültigen Mindestlohn zahlen. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Paris. Die Regierung in Paris macht ernst. Trotz anhaltender Proteste nationaler und internationaler Transportverbände hat sie zum 1. Juli den gesetzlichen Mindestlohn ausgeweitet. Nun gilt der SMIC (salaire minimum interprofessionnel de croissance) auch für Unternehmer des Straßengüterverkehrs aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die Mitarbeiter in Frankreich einsetzen. Die entsprechenden Bestimmungen sind Teil des neuen Gesetzes zur Reform des Arbeitsmarktes, das den Namen von Wirtschaftsminister Macron trägt. Mit dem Loi Macron will Frankreich die heimische Transportbranche gegen den unlauteren Wettbewerb durch Billigkonkurrenten vor allem aus Osteuropa schützen, die wesentlich niedrigere Personalkosten haben, und für mehr Rechtssicherheit sorgen.

Das müssen Sie über die Verschärfung wissen:

1. Wie hoch ist denn der Mindestlohn in Frankreich aktuell im Güterverkehr?
Seit dem Jahresanfang liegt die gesetzliche Lohnuntergrenze bei 9,67 Euro brutto pro Stunde. Die für den Güterverkehr aufgeführten Grundtarife bewegen sich zwischen 9,68 und 10,00 Euro pro Stunde – je nach Fahrzeuggewicht und Fahrerqualifikation. Sie liegen also über dem allgemeinen französischen Mindestlohn SMIC. Im unteren Bereich sind sie gestaffelt nach Lkw ab 3,5 Tonnen und Lkw von 3,5 bis 11 Tonnen (beide bei 9,68 Euro/Stunde), Lkw zwischen 11 und 19 Tonnen (9,71 Euro/Stunde) sowie Lkw ab 19 Tonnen (9,73 Euro/Stunde). Ein hochqualifizierter Fahrer im Schwerlastverkehr bekommt sogar 10 Euro die Stunde.

2. Was genau ist vorgeschrieben und welche Unternehmen sind eigentlich betroffen?
Künftig soll der SMIC nicht mehr bloß für die Beschäftigten in Frankreich gelten, sondern auch für ausländische Lkw-Fahrer, die dort zeitweise unterwegs sind. Selbstfahrende Transporteure fallen nicht unter die neuen Mindestlohn-Regelungen in Frankreich. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Unternehmer, die Güter in Frankreich befördern, sich dort registrieren und ihren Leuten für den Zeitraum den in unserem Nachbarland den aktuell geltenden Mindestlohn zahlen müssen. Ausnahmen für bestimmte Fahrzeuggrößen oder -gewichte gibt es nicht. Neben grenzüberschreitenden Verkehren gilt der französische Mindestlohn auch für Kabotage-Fahrten. Dabei ist es egal, ob ein Fahrer nur kurzzeitig in Frankreich ent- und belädt oder ob er dort für eine längere Zeit unterwegs ist – zum Beispiel im Rahmen von drei Kabotage-Fahrten in sieben Tagen. Ausgenommen ist bloß der Transit.

3. Wie berechnet sich der Mindestlohn?
Wie in Deutschland dürfen Arbeitgeber mehrere Entgeltbestandteile bei der Berechnung des SMIC nicht berücksichtigen: zum Beispiel Kostenerstattungen (einschließlich Fahrtkostenzuschüsse), Überstundenzuschläge, Gewinnbeteiligungen, Leistungsprämien, Alterszulagen, Anreizzulagen oder Zulagen in Zusammenhang mit besonderen Arbeitsbedingungen (Gesundheitsgefährdung). Ebenfalls nicht anrechnen dürfen sie das 13. Monatsgehalt, das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld, sofern sie dieses nicht auf die monatliche Vergütung umlegen. Neben dem Grundgehalt müssen sie auch Sachbezüge und Produktivitätsprämien in die Berechnung des gesetzlichen Mindestlohns in Frankreich einbeziehen.

4. Was müssen die betroffenen Güterverkehrsunternehmen jetzt tun?
Die französische Regierung verlangt, dass ausländische Transporteure einen Vertreter (Représentant) in Frankreich benennen, der als Verantwortlicher gegenüber den Kontrollbehörden fungiert. Zudem soll ein Entsende-Zertifikat die Voranmeldung der Entsendung ersetzen. Als Vertreter können Unternehmer aus anderen EU-Ländern laut dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) sowohl einen Rechtsanwalt oder Steuerberater als auch einen Korrespondenzspediteur, eine Kammer oder sonstige Organisation mit Sitz in Frankreich benennen. Deutsche Landesverkehrsverbände vermitteln im Zweifel geeignete Kontakte.

Für jeden Fahrer ist eine Entsendebescheinigung (Attestation de détachement) zu erstellen, die datiert, vom Leiter des Unternehmens unterschrieben und in französischer Sprache vor Beginn der ersten Entsendung vorliegen muss. Die Entsendebescheinigung soll nach Auskunft des DSLV folgende Daten enthalten:
- den Namen, die vollständige Anschrift (inklusive E-Mail-Adresse und Telefonnummer) und die Rechtsform des entsendenden Unternehmens, den Namen, das Geburtsdatum, den Geburtsort der verantwortlichen Personen sowie den Namen des zuständigen Sozialversicherungsträgers;
- vollständige Angaben zum entsandten Arbeitnehmer, dessen Nationalität, Arbeitsvertrag, berufliche Qualifikationen;
- die Höhe des Bruttoarbeitslohns pro Stunde in Euro und Einzelheiten zu firmenspezifischen Spesen und Übernachtungssätzen;
- den Namen und vollständige Anschrift (Brief- und elektronische Adresse sowie die Telefonnummer) des Vertreters in Frankreich;
- Angaben zur Registrierung des Unternehmens im nationalen elektronischen Register für Güterverkehr gemäß Artikel 16 der EU-Verordnung 1071/2009 (nur bei Transporten mit Fahrzeugen über 3,5 Tonnen)
Das Formular dafür kann man auf der Internetseite des französischen Arbeitsministeriums herunterladen.
Die Entsendebescheinigung ist bis zu sechs aufeinanderfolgende Monate gültig und kann innerhalb dieses Zeitraums mehrere Frankreicheinsätze beinhalten. Das heißt, der Güterverkehrsunternehmer kann mit einer Ausführung innerhalb des von ihm festgelegten Gültigkeitszeitraums alle Transporte abdecken, die ein Fahrer in Frankreich durchführt. Eine Aufstellung der geplanten Beförderungen ist nicht notwendig.

5. Wie wird kontrolliert?
Die Entsendebescheinigung hat der Transporteur in doppelter Ausführung auszufertigen. Eine Ausfertigung muss der Fahrer in Papierform im Fahrzeug mitführen, die andere Ausfertigung ist bei dem Vertreter in Frankreich in Papierform oder digital zu hinterlegen. Darüber hinaus hat der Fahrer einen Arbeitsvertrag (französische Übersetzung ist nicht Pflicht) sowie, falls verfügbar, eine in Französisch übersetzte Kopie eventuell zur Anwendung kommenden Tarifvereinbarungen mitzuführen.
Bei Kontrollen müssen die Fahrer laut DSLV anhand der Unterlagen grundsätzlich ihren Bruttostundenlohn, die Arbeitszeiten und die Stunden nachweisen können, die mit der Gehaltsabrechnung abgegolten werden, unter Angabe von Urlaub oder anderer freier Tage. Der Verband empfiehlt deshalb, die entsprechenden Daten in den beigefügten Unterlagen zu markieren. Die französischen Kontrollbehörden wollen bis zu 18 Monate rückwirkend zu prüfen, ob sich Transporteure aus anderen Mitgliedsstaaten bei der Entsendung von Fahrern nach Frankreich an die dortigen Mindestlohn-Regelungen gehalten haben.

6. Gibt es eine Übergangsfrist?
Nein. Aber die Aufsichtsbehörden würden bei Kontrollen anfangs berücksichtigen, dass es sich um neue Regelungen handele, heißt es aus Paris. Die Internationale Straßentransportunion (IRU) und einige nationale Verkehrsverbände hatten vor dem Inkrafttreten der Mindestlohn-Ausweitung auf Arbeitnehmer-Entsendungen nach Frankreich gefordert, die Durchführung des Loi Macron zu verschieben, bis in Europa rechtliche Klarheit herrscht. Erfolg hatten sie zwar nicht. Durch das laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und nun auch Frankreich könnte sich mittelfristig allerdings noch etwas an den Mindestlohn-Bestimmungen ändern.

7. Welche Strafen drohen, wenn man gegen die neuen Regeln verstößt?
Wenn der Lkw-Fahrer den Arbeitsvertrag nicht vorweisen kann, droht ihm Bußgelder bis zu 450 Euro. Hat er die Entsendebescheinigung nicht dabei, sind bis zu 750 Euro fällig. Wenn der Unternehmer keine Entsendebescheinigung vorlegen kann oder keinen Vertreter in Frankreich benannt hat, muss er mit einer Strafe von bis zu 2000 Euro rechnen. Bei wiederholten Verstößen innerhalb eines Jahres kann sich die Geldstrafe sogar auf bis zu 4000 Euro pro Arbeitnehmer belaufen. (ag)

Weitere Informationen finden Sie unter folgendem Link:
http://www.developpement-durable.gouv.fr/Formalites-declaratives,47857.html

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