Brüssel. Das Thema Klimabilanz wird in der Praxis von Transport- und Logistikdienstleistern immer wichtiger. Denn um ihre eigene Umweltbilanz zu ziehen und zu verbessern, wollen deren Kunden über die CO2-Emissionen informiert werden, sagte die Direktorin des Zentrums für intelligenten Transport (Smart Freight Center, SFC), Sophie Punte, bei einer Veranstaltung in Brüssel. Emissionen spielen als Qualitätsmerkmal der Logistikkette eine immer größere Rolle. Von Produkten, die als umweltfreundlich angeboten werden, wird auch erwartet, dass sie möglichst emissionsarm befördert werden.
Ziel: vergleichbare Werte schaffen
Das SFC arbeitet deswegen an einem weltweiten Standard, mit dem CO2-Emissionen innerhalb einer Logistikkette verglichen werden können. Daran beteiligt ist das GLEC (Global Logistics Emissions Council), in dem Unternehmen und Verbände der Branche, Umweltorganisationen und Wissenschaftler vertreten sind. Die Logistik alleine verursache gegenwärtig sechs Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, sagte Sophie Punte. Aber dabei werde es nicht bleiben, wenn die Schwellenländer weiter in die Weltwirtschaft integriert würden. Das GLEC will dazu beitragen, emissionsarme Logistikketten aufzubauen.
SFC muss dabei nicht bei Null anfangen. Fast alle Branchen haben in den letzten Jahren eigene Standards entwickelt, um ihren Ausstoß an Klimagasen zu messen. Der vom GLEC beschlossene Ansatz berücksichtigt den Energieverbrauch pro Tonne und Kilometer, den Energieverbrauch über den gesamten Lebenszyklus und alle im Klimaprotokoll von Kyoto erwähnten Klimagase. Diese Daten werden in standardisierte Transporte (Round Trips) eingespeist, um die tatsächlichen Emissionen, den „Carbon Footprint“, festzulegen – wenn diese Daten verfügbar sind.
Fallstudien in großen Speditionen wie DB Schenker oder Kühne + Nagel haben allerdings ergeben, dass verlässliche Daten Mangelware sind. Probleme gibt es vor allem, wenn Subunternehmen die Transporte durchführen. Auch der Energieverbrauch von Umschlagplätzen wie Häfen oder Terminals sei in vielen Fällen nur schwer zu ermitteln, sagte die SFC-Chefin. Die verfügbaren Emissionsdaten seien deswegen nicht immer genau genug, um das jeweils emissionsärmste Transportmittel auswählen zu können. Am zuverlässigsten seien die Werte für die Seeschifffahrt und die Bahn, am wenigsten könne man über Emissionen des Luftverkehrs und dessen Umschlagplätze sagen. Die Daten für Lkw hält Punte nicht für toll aber „akzeptabel“.
Um bessere Werte berechnen zu können, müsse vor allem der Zugang zu den Daten der eigentlichen Transportunternehmen verbessert werden. Die großen Logistik-Konzerne stellten ihre eigenen Daten in den meisten Fällen zeitnah und in elektronischer Form zur Verfügung. Ihre Subunternehmer verfügen dagegen nicht immer über das Know-how, um die Daten richtig zu erheben oder über die Technologie, um sie schnell und elektronisch zu verarbeiten. Über diesen Teil der Logistikkette kann man deswegen weder etwas zum Energieverbrauch sagen noch zu den damit verbundenen CO2-Emissionen.
Es gibt kein Patentrezept
Die noch offenen Fragen sollen in den nächsten Monaten geklärt werden. Die GLEC-Methode soll Logistikern, Regierungen, Verbänden oder internationalen Organisationen in der zweiten Jahreshälfte 2016 zur Verfügung stehen, um den „Carbon Footprint“ einer bestimmten Logistikkette zu bestimmen. Allen Beteiligten sei klar, dass die Methode auch danach und in den nächsten Jahren weiter verbessert werden muss. Es gehe darum, Erfahrungen mit diesem Instrument zu sammeln, sagte die Vorsitzende des Europäischen Logistik-Forums, Nicolette van de Jagd. Klar sei, dass von den Logistikern ein Beitrag zur Senkung der Treibhausgase erwartet werde. Dafür gebe es kein Patentrezept: „Aber konsistente, harmonisierte und globale Standards können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. (tw)