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Bundestags-Gutachten: Mautpläne verstoßen gegen EU-Recht

04.08.2014 09:50 Uhr
Bundestags-Gutachten: Mautpläne verstoßen gegen EU-Recht
Die geplante PKW-Maut ist erneut der Kritik ausgesetzt
© Foto: Picture Alliance/Chromorange/Christian Ohde

Ein Gutachten des Bundestags zweifelt an, dass Dobrindts Pläne für die PKW-Maut EU-Recht-konform sind. Das Ministerium wirft dem Verfasser handwerkliche Fehler vor.

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Berlin. Die Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für eine PKW-Maut verstoßen nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gegen EU-Recht. Dobrindts Konzept führe gleich mehrfach zu einer „mittelbaren Diskriminierung von Unionsbürgern”, heißt es in der 23-seitigen Rechtsstudie, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Zuerst hatten die „Bild am Sonntag” und „Der Spiegel” darüber berichtet. Das Verkehrsministerium warf dem Verfasser des Gutachtens Fehler vor - der Gesetzesentwurf werde eindeutig europarechtskonform ausgestaltet sein.

Dobrindt will eine Vignettenpflicht auf allen deutschen Straßen einführen. Unterm Strich sollen die Mehreinnahmen aber nur von den ausländischen Fahrern kommen. Inländische Autobesitzer sollen für die Maut voll über die Kfz-Steuer entlastet werden. Zwar solle die Steuererleichterung formal getrennt beschlossen werden, doch „müssen beide Maßnahmen zusammen betrachtet” werden, heißt es in dem Bundestagsgutachten, das der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner in Auftrag gegeben hatte.

Der Verfasser sieht in der Koppelung eine Diskriminierung anderer EU-Bürger. Auch die geplante Struktur der Vignettenpreise würde der Untersuchung zufolge gegen EU-Recht verstoßen. So sollten die Preise für Jahresvignetten für inländische Autos nach Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr gestaffelt sein, für ausländische aber nicht. Das führe dazu, dass ein ausländischer Fahrer eines Benzin-Fahrzeugs einheitlich 103,04 Euro zu zahlen habe, der Halter beispielsweise eines in Deutschland zugelassenen VW Polo 1.2 TSI aber nur 24 Euro - um die dann auch noch die KFZ-Steuer sinke.

„Das Vorenthalten einer nach bestimmten Kriterien gestaffelten Beitragshöhe führt zu einer ungleichen Behandlung von inländischen und ausländischen Kfz-Haltern und damit zu einer mittelbaren Diskriminierung”, heißt es in der Rechtsstudie. Der Verfasser legt dabei allerdings den Pauschalpreis zugrunde, den ausländische PKW-Fahrer für eine Jahresvignette an einer Tankstelle zahlen müssten. Bestellen sie über das Internet, sollen hingegen gestaffelte Tarife wie bei den Inländern gelten - abhängig von den Eigenschaften des Wagens.

Verkehrsministerium kritisiert Rechtsstudie als fehlerhaft

Das Verkehrsministerium nahm unter anderem das zum Anlass, die Rechtsstudie als fehlerhaft zu kritisieren. „Die Ausführungen des Wissenschaftlichen Diensts weisen offensichtlich fachliche und inhaltliche Fehler auf. Die Schlussfolgerungen sind deswegen absolut unzutreffend”, erklärte ein Sprecher.

Ferner bemängelt der Bundestagsgutachter aber auch, dass mit Dobrindts PKW-Maut-Konzept ausländische Verkehrsunternehmen wie zum Beispiel Kurierdienste finanziell stärker belastet würden als inländische. Er wertet das als Verstoß gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der EU und gegen ein entsprechendes Verbot des Europäischen Gerichtshofs.

Der Vorstandsvorsitzende des Daimler-Konzerns, Dieter Zetsche, lehnte Dobrindts Vorhaben strikt ab. „Die PKW-Maut halte ich eher für populistisch als für rational nachvollziehbar”, sagte er der „Bild am Sonntag”. Er verstehe zwar den Ärger über die Maut in Nachbarländern. „Aber hier Gleiches mit Gleichem zu vergelten, ist falsch. Wenn überhaupt, brauchen wir eine europäische Lösung. Von der geplanten selektiven Maut in Deutschland sollten wir lieber die Finger lassen.” (dpa)

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KOMMENTARE


spedi 01

04.08.2014 - 11:13 Uhr

Hallo, wir sind jetzt aber bitte nicht alle erstaunt, dass die Seehofer-Finte nicht zündet. Es war und ist von Anfang an klar, dass diese einseitige Maut gegen ausländische Fahrzeuge niemals von der EU durchgewunken wird. Seehofer hat das ganze Thema nur als Wahlkampfmittel benutzt und nun wird es im Sande verlaufen. Am Ende wird Seehofer dann sagen, um aus der Nummer wieder rauszukommen, die böse EU ist Schuld. Die Stimmen der Wähler hatte er aber im Sack. Ich hoffe, dass die Wähler ihn beim nächsten Mal dafür richtig abstrafen.


jüren diercks

04.08.2014 - 12:28 Uhr

Dass es sich bei Dobrindts PKW-Mautplänen um reinen Populismus handelt, ist jedem Klarsichigen von vornherein völlig selbstverständlich. Anderes als solches kommt von der CSU zur Zeit nie. Hinzu kommt, dass Herr Dobrindt schon seit langem als oberster Populist (nach Chef Seehofer) dieser Partei umfassend ausgewiesen ist. Somit war die offene Verknüpfung der Mautpläne mit dezidiert ausgesagten äquivalenten KFZ-Steuerkürzungen unübertreffbar stümperhaft. Und musste EU-basierte Kritik auf den Plan rufen. Zumindest geschckter, wenn auch nicht absolut einspruchssicher, wäre es gewesen, zeitversetzt (z.B. vor der nächsten Bayern- oder Bundeswahl) eine sorgsam ausgearbeitete , umfassende Kfz-Steuerreform vorzulegen, die sich z.B. vorrangig nach Umweltschutz-Kriterien richtet. Dies müßte zudem begleitet sein von einer gleichartigen Neuregelung der steuerlichen Absetzbarkeiten. Damit wäre ein deutlicher Abstand in Zielsetzung und Rahmenbedingungen zu den Mautkriterien und vor allem der jetzt naiv-offensichtlich verkündeten Kompensationsabsicht erkennbar.


EU Bürger

04.08.2014 - 17:03 Uhr

Bin ich im falschen Film? Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass nur wieder Deutschland sich anstellt wie ein Anfänger - wie viele andere EU-Länder haben bitte ein Mautsystem, das natürlich PKW wie LKW beinhaltet - und dies von allen akzeptiert ist? Nur Deutschland schafft es also wieder nicht? Kann ja wohl nicht wahr sein! In meinen Augen ist es nur mehr als fair, dass sich ein ausländisches Auto VORAB mit der Thematik auseinandersetzt und damit genau die gleichen Rahmenbedingungen hat wie ein deutscher Halter (Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr) - oder vor Ort eine pauschale Vignette kauft. Vor- und Abendkasse gab´s schon immer. Lachhaft, echt! Nachdem wir Deutschen schon mit extrem hohen Spritpreisen zur Kasse gebeten werden (die meisten können nicht schön billig "zu Hause" tanken!), ist es wohl vollkommen ok, dass manche Einnahmen über die Autofahrer umgelegt werden. Warum sollten wir in Deutschland bitte alles verschenken?!


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