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Brexit: Was der Transportbranche jetzt blüht

27.06.2016 10:23 Uhr
Brexit: Was der Transportbranche jetzt blüht
Was an den Grenzen passieren wird, ist noch ungewiss
© Foto: Fotolia/Rozol

Nach dem Brexit-Votum berät die EU nun, wie es weitergeht. Transport-Verbände befürchten, dass wieder Zölle an der Kanal-Grenze anfallen.

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Brüssel. Nachdem die Mehrheit der Briten Europa den Rücken gekehrt hat, müssen zahllose Verbindungen, die in den letzten vier Jahrzehnten zwischen der Insel und dem Festland entstanden sind, gekappt oder auf eine neue Grundlage gestellt werden. Der EU-Vertrag sieht dafür Verhandlungen über zwei Jahre zwischen den verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten und der Regierung in Westminster vor. Sie entscheiden darüber, ob das Vereinigte Königreich eine Art „Unionsmitglied zweiter Klasse“ ohne Stimmrecht wird, ein beliebiger Drittstaat wie Marokko oder Singapur oder irgendetwas dazwischen. In Brüssel geht man davon aus, dass die Briten vom ersten Szenario träumen: sie könnten dann im europäischen Binnenmarkt weiter Geschäfte machen – und umgekehrt müssten sie dafür einen Obolus nach Brüssel überweisen aber weniger als bisher. Vieles bliebe beim Alten.

Eurotunnel-Betreiber zuversichtlich

In Brüssel gibt es eine große Bereitschaft, den Briten nach ihrem Austritt aus der Union keine Steine in den Weg zu legen und weiter konstruktiv mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er gehe davon aus, dass der britische Eisenbahnverband ATOC auch nach dem Brexit Mitglied im europäischen Dachverband der Branche bleibe, sagt beispielsweise CER-Direktor Libor Lochman. Er hätte nichts dagegen, wenn die Briten auch in Zukunft in der europäischen Eisenbahnagentur, ERA, in Valancienne mitarbeiten würden. Auch beim Betreiber des Kanaltunnels „Eurotunnel“ herrscht Zuversicht, dass alles so bleibt, wie es ist. Mögliche Beeinträchtigungen des Warenaustausches würden durch den Absturz des Pfundes ausgeglichen, der britische Waren billiger mache und die Kosten des Seetransportes erhöhen, heißt es bei „Eurotunnel“. Der Tunnel werde als „wichtiges Element der Lieferkette“ jedenfalls nicht an Bedeutung verlieren.

Ob diese Zuversicht begründet ist, darf man bezweifeln. Es gibt kaum etwas im Verhältnis zwischen dem Inselreich und dem Kontinent, worüber in den bevorstehenden Verhandlungen nicht gesprochen wird. Fest steht nur, dass die Briten danach weder im Ministerrat noch im Parlament mitreden dürfen, sie werden keinen Kommissar mehr haben und die britischen Mitarbeiter der Kommission können ihre Karriere in Europa knicken – über alles andere wird in den nächsten Jahren erbittert gestritten, innerhalb der EU vielleicht noch mehr als mit den Briten. Welche politischen Kompromisse dabei geschlossen werden, ist vollkommen unvorhersehbar. Aber das Ergebnis wird den Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen der Insel und dem Kontinent mit Sicherheit nicht erleichtern.

Clecat: Zölle an der Grenze

Der Brexit, sagt die Chefin des Logistik-Verbandes CLECAT, Nicolette van der Jagt, werde auf jeden Fall nicht ohne Folgen für die Branche bleiben. „Transport und Logistik werden durch zahlreiche Vorschriften reguliert: der Marktzugang, die Sicherheit, der Umweltschutz. Die müssen entweder vollkommen neu verhandelt oder durch andere Regeln ersetzt werden.“ Van der Jagt hält es nicht für ausgeschlossen, dass an der Kanal-Grenze in Zukunft wieder Zölle erhoben werden.

Für den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des BGL, Adolf Zobel, wäre das der schlimmste Fall. „Die Transporte zwischen Großbritannien und dem Festland sind für den Güterverkehr mit deutschen Lkw ein wichtiges Geschäft, auch wenn es durch die Flüchtlingsproblematik (Calais) seit eineinhalb Jahren schwieriger geworden ist. “Zobel erwartet kurzfristig keine weitere Beeinträchtigung durch den Brexit. Schließlich müssten die genauen Modalitäten erst ausgehandelt werden. Am Ende sei entscheidend, „dass keine neuen Hürden für den Warenverkehr errichtet oder gar Zölle erhoben werden.“

Domino-Effekt verhindern

Dieser Wunsch wird voraussichtlich nicht in Erfüllung gehen. Denn die Interessen der 27 EU-Staaten, die mit den Briten verhandeln, sind nicht nur wirtschaftlicher Natur. Die meisten Spitzenpolitiker der EU wollen den Briten das Leben nach dem Austritt nicht zu einfach machen. Sie fürchten, dass auch andere Mitgliedsstaaten versuchen könnten, die Union mit einem vorteilhaften Deal zu verlassen. Der Brexit soll für das Königreich kein Erfolg und für die anderen ein abschreckendes Beispiel werden. Das bedeutet: Es kann nicht einfach weiter gehen wie bisher.

IRU fordert stabilen Rechtsrahmen am Ärmelkanal

Die Internationale Straßenverkehrs-Union (IRU) drängt deswegen darauf, einen neuen und stabilen Rechtsrahmen für den Verkehr über den Ärmelkanal zu schaffen. In den Verhandlungen müssten einfache und transparente Verfahren vereinbart werden, um Zölle oder die Mehrwertsteuer zu entrichten, heißt es in einer Mitteilung der IRU. Beide Seiten müssten sich über den Zugang zum Transport-Markt verständigen, es müsse klar sein, welche Sicherheitsstandards anerkannt würden und welche Verpflichtungen Transportunternehmen bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung übernehmen müssten. Denn auch dabei können die Briten nicht mehr auf die bisherige Kooperation der Franzosen bauen. Die Regierung in Paris, die Flüchtlinge auf dem Weg ins Vereinigte Königreich bislang in Calais aufhält, will diese Arbeit nicht mehr für die Briten übernehmen. Die Grenze des Königreichs müssten die Briten dann selber wieder in Dover sichern.

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