Wie beurteilen Sie aus Sicht des Logistikunternehmens Panalpina den Rückgang der reinen Frachterkapazitäten?
Weltweit gehen sie gar nicht zurück! Sie steigen bloß nicht so stark wie Belly-Kapazitäten. Der aktuelle Rückgang in Europa ist vor allem darauf zurückzuführen, dass alte Maschinen vom Typ MD-11 ausrangiert werden. Außerdem darf man nicht vergessen, dass neue Kapazitäten hinzukommen – und neue Maschinen verbringen mehr Zeit in der Luft, weil der Wartungsaufwand geringer ist.
Heißt das, es gibt in der Luftfracht keine Engpässe?
Engpässe sind immer möglich, zum Beispiel, wenn es einen Streik am Hafen von Los Angeles gibt oder ein großer japanischer Autohersteller eine weltweite Rückrufaktion startet. Ereignisse wie diese haben in jüngster Vergangenheit die Nachfrage nach Frachterkapazität von Asien in die USA stark erhöht. Zu Engpässen kann es auch bei Exporten aus Asien in der Vorweihnachtszeit kommen. Hier spielt die wachsende Bedeutung des E-Commerce eine wichtige Rolle.
Benötigt Panalpina überhaupt noch Frachter?
Frachter wird es immer brauchen. Bei gewissen Ladungen ist das allein aufgrund der Größe nötig, zum Beispiel, wenn es um Investitionsgüter für die Öl- und Gasindustrie geht. Hinzu kommt, dass einige Kunden das einfach wollen. Wenn ein Pharmahersteller 70 Tonnen Medikamente verschickt, dann wird die Ladung in der Regel nicht auf mehrere Passagiermaschinen verteilt, weil das deutlich schwieriger zu managen wäre. Außerdem ist der Nachlauf am Boden bei großen Ladungen viel effektiver.
Wie reagiert Panalpina auf den Rückgang der Main-Deck-Kapazitäten?
Sie gehen wie gesagt nur im Verhältnis zur angebotenen Belly-Kapazität zurück. Wir sind dabei, unser Frachter-Netzwerk auszubauen. Im Februar etwa haben wir unsere Partnerschaft mit Atlas Air erneuert. Teil des Abkommens ist, dass wir eine geleaste Boeing 747-8F zurückgeben und im Gegenzug 200 reguläre Voll-Charterflüge pro Jahr betreiben. Das gibt uns zusätzliche Flexibilität, um Frachter auf Routen einzusetzen, wo sie von unseren Kunden nachgefragt wird.
So werden wir beispielsweise ab März die Strecken Hong Kong-Huntsville und Huntsville-Sao Paulo mit regulären Charterflügen bedienen. Die direkte Verbindung von Huntsville nach Sao Paulo wurde auf US-Unternehmen zugeschnitten, die Großmaschinen und Ausrüstung für die Landwirtschaft und den Bergbau herstellen. Bis dahin mussten die Unternehmen über große, verkehrsreiche Flughäfen mit begrenzter Frachterkapazität exportieren. (cg)
Ein ausführlicher Beitrag zur Frage, wie der Luftfrachtmarkt auf die Zunahme der Belly-Kapazitäten reagiert, ist in Ausgabe 12 der VerkehrsRundschau erschienen. Der Beitrag ist auch als E-Paper verfügbar.